Begründer der Psychoanalyse – Sigmund Freud

Sigmund Freud wurde am 6. Mai 1856 in der mährischen Stadt Freiberg, dem heutigen Pfibor, in Tschechien, geboren. Seine Mutter Amalie war die dritte Frau von Jacob Freud, einem jüdischen Wollhändler. Amalie war etwa 20 Jahre jünger als ihr Gatte. 1859, als Freud drei Jahre alt war, zog die Familie nach Wien. Freud sollte die nächsten 79 Jahre in dieser Stadt bleiben, wobei er wiederholt versicherte, wie abscheulich er sie fand. 1938 wurde er durch die Nazis zur Flucht gezwungen, und sein letztes Lebensjahr verbrachte er in England. Er starb am 23. September 1939, kurz nach Beginn des zweiten Weltkriegs.

Freuds Mutter, eine der Überlieferung nach lebhafte und charmante Dame – sie sollte ein Alter von 95 Jahren erreichen – war erst 21, als Freud geboren wurde. Sie brachte noch weitere sieben Kinder zur Welt. Doch Sigmund, von ihr „mein goldener Sigi“ gerufen, blieb der unbestreitbare Liebling – ein Umstand, dem dieser seine Selbstsicherheit zuschrieb. Obwohl er die jüdische Religion nie praktizierte und jeden religiösen Glauben als illusorisch ablehnte, war er sich sehr wohl seiner Herkunft bewusst. Er hatte nur wenige nichtjüdische Freunde, besuchte regelmäßig die Treffen seiner jüdischen Gemeinde und lehnte Tantiemen für diejenigen Bücher ab, die ins Jiddische oder Hebräische übersetzt wurden. Seine geistige Selbstständigkeit schrieb er in eigener Form dem Judentum zu. So habe ihn die Tatsache, als er erstmals Antisemitismus an der Wiener Universität begegnete und von einer Gemeinschaft nicht akzeptiert wurde, in die Opposition geführt und die Unabhängigkeit seines Urteils gefördert.

Als Junge war Freud intellektuell frühreif und außerdem sehr fleißig. Sechs Jahre in Folge war er Klassenbester. Mit acht Jahren begann er Shakespeare zu lesen, der neben Goethe sein Lieblingsschriftsteller werden sollte. Er selbst war zu der Überzeugung gelangt, dass er dazu bestimmt sei, manchen wichtigen wissenschaftlichen Beitrag zu liefern und entwickelte entsprechende Charakterstrukturen. Seine Mahlzeiten nahm er abseits von der Familie ein, und das Klavier seiner Schwester Anna wurde von den Eltern aus der Wohnung entfernt, weil ihn der Übungslärm störte.

Freud begann im Herbst 1873 an der medizinischen Fakultät der Universität Wien zu studieren, bestand am 30. März 1881 die Abschlußexamina. Sein ursprüngliches Interesse galt der Zoologie. Freud blieb sein ganzes Leben lang Determinist und glaubte, sämtliche Lebenserscheinungen einschließlich psychologischer Phänomene – etwa Gedanken, Gefühle und Phantasien – seien streng durch das Prinzip von Ursache und Wirkung determiniert.

Freud praktizierte nur sehr ungern als Arzt. Dennoch gab Freud 1882 seine Karriere als Forscher auf und verbrachte die nächsten drei Jahre am Wiener Allgemeinen Krankenhaus. Er erweiterte dort seine praktischen Kenntnisse in der Medizin, bevor er sich auf eine eigene ärztliche Praxis einließ. 1885 wurde er von der Wiener Universität als Lektor für Neuropathologie angestellt. Von Oktober 1885 bis Februar 1886 arbeitete er an der Salpétière in Paris unter dem berühmten Neurologen Charcot. Dessen Lehren über die Hysterie erweckte Freuds Interesse an der Erforschung der Neurosen als Gegenstück zu den organischen Erkrankungen des Nervensystems. Im April 1886 eröffnete Freud seine Praxis in Wien und heiratete am 13. September seine Verlobte.

Ihr erstes Kind, Mathilde, wurde 1887 geboren. Fünf weitere sollten folgen. Das letzte war Anna Freud, geboren 1895, das einzige unter Freuds Kindern, das Psychoanalytikerin werden sollte. Seine Frau Martha beschränkte sich darauf, sich während eines langen Ehelebens seinem Wohlbefinden und dem ihrer sechs Kinder zu widmen. Aus Briefen ist bekannt, dass ihr Sexualleben relativ früh zu Ende ging.

Mitte der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts wird Freuds Leben Bestandteil der Geschichte der Entwicklung der Psychoanalyse. Die „Studien über Hysterie“, gemeinsam mit Josef Breuer geschrieben, erscheinen 1895.

Durch die Hypnose lernte Freud, dass mentale Prozesse, die unbewusst vor sich gingen, eine starke Wirkung auf das Verhalten ausüben können. Freud gebrauchte sie als Untersuchungsmethode. Denn durch eine von Josef Breuer entwickelte Methode, „Katharsis“ genannt, verschwanden Symptome, wenn es gelang, sich an den ersten Moment zu erinnern, in dem ein spezifisches hysterisches Symptom zum ersten Mal auftrat und die  begleitenden Affekte wiederbelebt wurde.

Im frühen Stadium der Entwicklung der Psychoanalyse lassen sich folgende Ideen ausmachen, die Freuds Arbeit den Rest seines Lebens nachhaltig beeinflussen sollte:

  1. Gefühle der Vergangenheit sind die Ursache für Probleme der Gegenwart.
  2. Diese Gefühle sind ausnahmslos beschämend, schmerzhaft oder erschreckend, daher die Ablehnung.
  3. „Von welchem Fall und von welchem Symptom man auch immer seinen Ausgang genommen hat, endlich gelangt man unfehlbar auf das Gebiet des sexuellen Erlebens“.

Dies führte Freud zunächst zu seiner Verführungstheorie, wonach die Verführung des Kindes durch einen Erwachsenen und die Verdrängung des Erlebnisses das Kernstück der frühkindlichen Neurose bilden. Wohl auch, weil Freud sich mit zunehmender Praxis nicht vorstellen konnte, dass alle seine Patienten in ihrer Kindheit Opfer einer Verführung gewesen sind, entfernte er sich von dieser Theorie, sah in der Phantasiewelt des Patienten und damit verbundene erotische Empfindungen und Unterdrückungen als Mittel- und Ausgangspunkt frühkindlicher Neurosen an. Es ist schwer zu sagen, wie Freud unter Berücksichtigung der heutigen Situation, in der das tatsächliche Ausmaß des frühkindlichen Missbrauches mehr und mehr deutlich wird, seine Theorie weiterentwickelte hätte.

Freud hatte selbst erkannt, dass seine eigene Persönlichkeit zwanghafte Züge zeigte. Wie die meisten Menschen von vergleichbarer Struktur war er extrem ordentlich in Kleidung und Auftreten, gleichzeitig war er extremer Zigarrenraucher und als er zwischen 1893 und 1896 an einer chronischen Herzrhythmusstörung litt, war es ihm unmöglich, auch nur einen Tag abstinent zu sein. Mit 67 Jahren zog er sich einen Gaumenkrebs zu, der sein ganzes restliches Leben immer wiederkehren sollte, und obwohl er wusste, dass das Rauchen mit eine Ursache war, war es ihm nicht möglich, sich das Rauchen abzugewöhnen.

Freuds deterministische Haltung und sein Beharren darauf, dass die Psychoanalyse eine Wissenschaft sei, haben dazu geführt, dass seine Entdeckungen in den Augen von Philosophen und Wissenschaftlern diskreditiert wurden und sie die Psychoanalyse erst spät angemessen würdigten.

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